Peter Tagesen
  • Geboren, lebt und arbeitet in Wien.
  • Studium an der TU-Wien
  • Arbeitet als Informatiker
  • Künstlerische Ausbildung: Autodidakt 
 Auszüge aus dem Interview

"Also manchmal sehe ich Dinge und denke mir „das ist cool. Da könnte ich ein Bild damit machen.“ Und das probiere ich dann einfach aus."

"Einer, der mich schon seit meiner Jugend begleitet und dessen Stil mich sehr beeindruckt hat, ist Hilmar Gottesthal. Seine Skulpturen haben mich stark beeinflusst."

"Es ist spannend zu hören, was in anderen Menschen passiert, wenn sie die Bilder oder Skulpturen betrachten oder auch angreifen. Ich versuche, etwas was in mir vorgeht aufzuarbeiten und in einem Bild, einer Skulptur auszudrücken. Und manchmal gerät das Gesehene beim Betrachter in Resonanz mit eigenen Erlebnissen - und dann berühren sich die Parallelwelten."

Das Interview mit ihm führte Alexandra Schermann.

Wie bist du zum Malen gekommen?


Ich habe schon immer gerne gemalt. Für mich war das ein guter Ausgleich zu Schule, meinem Studium und später zur Arbeit.
Je nach Auslastung habe ich mal mehr und mal weniger gemalt. Bis 2003 war auch das Platzangebot sehr eingeschränkt. Da konnte ich meine Arbeiten nicht lange herumliegen lassen - deswegen habe ich zu der Zeit auch überwiegend mit Tusche und Buntstift gearbeitet.
Danach wurde dann alles anders. Da sind wir in ein Haus übersiedelt und es gab viele freie Wände, die geschmückt werden wollten. Und es war auch genug Platz, um an Bildern arbeiten und diesen auch Zeit für die Entstehung geben zu können. Da begann ich dann auch, mit unterschiedlichen Materialien zu experimentieren.
Und ich entdeckte, dass genau dieser Prozess - die Entstehung eines Bildes oder einer Skulptur - für mich eine ausgezeichnete Möglichkeit war, Emotionen und außergewöhnliche Lebenssituationen zu verarbeiten. Das sind nicht nur Situationen oder Gefühle, die mich unmittelbar betreffen. Das sind manchmal auch Themen, die mich sehr berühren und die ich gut nachvollziehen kann.
Oft kommt am Ende aber auch ganz was anderes raus, als ich am Anfang eigentlich machen wollte. Da bin ich dann selber überrascht, was das Bild oder ein Stück Holz mit mir gemacht hat. Ich sage dann immer  - die Dinger haben einfach ein Eigenleben. Das Ergebnis fordert sich irgendwie ein. Und in den meisten Fällen bin ich damit wesentlich zufriedener als mit meinem ursprünglichen Plan.


Womit arbeitest du denn gerne? Gibt es Lieblingsmaterialien?


In den letzten Jahren habe ich viel mit Acryl gemacht. Die Farben trocknen schnell und ich kann mich so Schritt für Schritt an das Ergebnis herantasten und auch Dinge, die mir so doch nicht gefallen, rasch wieder übermalen. Man kann Acryl auch ausgezeichnet mit Strukturmasse und verschiedensten Einbindungen kombinieren. Und wie gesagt – man muss nicht lange warten, um weiterarbeiten zu können. Das kommt meiner Arbeitsweise sehr entgegen.
Ich habe aber auch das eine oder andere Aquarell versucht und zuletzt auch mit Öl gearbeitet. Öl gefällt mir auch sehr gut. Das erfordert eine ganz andere Arbeitsweise, bietet aber auch andere Möglichkeiten.
Und ich probiere grundsätzlich gerne viel aus. Ich hatte zum Beispiel einen Farb-Laserdrucker, der kaputt geworden ist. Die Tonerkassetten hatte ich kurz zuvor gewechselt und irgendwie fand ich es zu schade, den Toner wegzuwerfen. Dann habe ich mir angeschaut, wie ein Laserdrucker funktioniert und habe mit dem Toner und einem Bügeleisen begonnen auf Aquarellpapier ein Bild zu „malen“. Ein manueller Laserdruck sozusagen.
Also manchmal sehe ich Dinge und denke mir „das ist cool. Da könnte ich ein Bild damit machen.“ 
Und das probiere ich dann einfach aus.
Bei den Skulpturen arbeite ich gerne mit Holz und mit Speckstein. Das liegt an meiner Arbeitsweise. Ich habe zu Beginn der Arbeit oft nur eine vage Vorstellung, wie das aussehen soll. Dann fange ich mal an und dann legt das Material oft andere Strukturen nahe, mit denen ich dann arbeiten kann. Also irgendwo ist das Holz zum Beispiel härter oder morsch – dann kann ich nicht, oder manchmal nur mit Gewalt, so weiter machen, wie ich ursprünglich wollte. Ich finde aber gerade das spannend, dass ich die Eigenheiten des Materials zulasse und sich das Werkstück damit selbst in das Ergebnis einbringt.
Um das spüren zu können, kann ich dann halt nur begrenzt sozusagen mit der Axt reinfahren. Das wird dann zumeist sehr viel Schleifarbeit. Deswegen brauche ich für Skulpturen auch relativ lange.


Was inspiriert dich? Gibt es Vorbilder, andere Künstler an denen du dich orientierst?

Wie schon erwähnt sind es oft außergewöhnliche Situationen oder Emotionen die Anlass dafür sind, mit einem Bild oder einer Skulptur zu beginnen. Manchmal aber auch nur Themen aus einem Buch, einem Lied oder auch nur die besondere Form eines Asts, die ich dann gerne auf diese Art verarbeiten möchte.
Es gibt einige Künstler, die ich sehr gerne mag. Da sind zum Beispiel Schiele oder Mondrian. Aber auch Dali und Escher. Einer, der mich schon seit meiner Jugend begleitet und dessen Stil mich sehr beeindruckt hat, ist Hilmar Gottesthal. Seine Skulpturen haben mich stark beeinflusst. Bei den Skulpturen ist auch der Einfluss von Rodin sehr stark. Da ist sind es speziell jene Skulpturen, in denen die Körper nicht vollständig ausgearbeitet sind, sondern mit dem Stein verschmelzen – oder aus ihm herauswachsen.
Objekte dieser Künstler beeinflussen sicher immer wieder das, was ich tue. Ich versuche aber erst gar nicht, diese Künstler zu imitieren – das könnte ich technisch gar nicht. Ich schaue lieber, dass ich meinen eigenen Stil finde und den leben kann.

Warum Parallelwelten?

Zuerst war da die Idee, dass die künstlerische Tätigkeit für mich ein Ausgleich zu meiner beruflichen Tätigkeit ist. Eine Möglichkeit, in eine andere Welt abzutauchen, die sonst im Alltag schwer oder auch gar nicht auszuleben wäre.
Irgendwann ist mir bei den Rückmeldungen zu meinen Objekten aufgefallen, dass da völlig andere Interpretationen gekommen sind, als ich sie in meiner Welt habe. Also offensichtlich noch eine andere Welt, als meine Parallelwelten. Und es ist spannend zu hören, was in anderen Menschen passiert, wenn sie die Bilder oder Skulpturen betrachten oder auch angreifen.
Ich versuche, etwas was in mir vorgeht aufzuarbeiten und in einem Bild, einer Skulptur auszudrücken. Und manchmal gerät das Gesehene beim Betrachter in Resonanz mit eigenen Erlebnissen - und dann berühren sich die Parallelwelten.